Durch die weitsichtigen Regelungen in ihren Testamenten schaffte sie eine Organisation, die vom aufkommenden Humanismus geprägt ist und immer noch als „modern“ bezeichnet werden kann. Durch ihre großen Bemühungen die bestmöglichste Satzung zu finden, entstand eine kluge Struktur und Stiftungsorgane, die bis zum heutigen Tag das Überleben dieser Institution sicherstellen
Von wichtiger Bedeutung für das Funktionieren einer Stiftung sind deren Stiftungsorgane. Diese bestimmte Frau Margreth selbst. Generell kommt es bei dieser Frage darauf an, welcher Organisationsform der Stifter am meisten vertraut und am meisten zutraut: einem Landesherrn, der Gemeinde oder einem Gremium von Vertrauensleuten. Frau Ostertag entschied sich für ein Gremium aus sechs ausgewählten, vertrauenswürdigen Männern, das „Sechser-Gremium“ oder kurz „die Sechser“ genannt. Noch bis zum Jahr 1969 zogen sie mit Zylinder und schwarzem Rock gekleidet mit den Schulkindern im Schlepptau durch den oberen Kurpark Bad Dürkheims zum Ostertag - Brunnen und sangen dabei das „Veltenslied“.
Die ersten „Sechser“ wurden von der Stifterin zur Verwaltung ihrer Stiftung selbst eingesetzt. Die Stiftungsurkunde von 1511 legt bezüglich der Auswahl des Sechsergremiums folgendes fest: „ehrlich und from manns personen“ aus Dürkheim, die „unabhängig von Gunst, Ungunst oder Unwillen ihrer Mitmenschen“ ihr Tun vor Gott dem Allmächtigen am Jüngsten Tag verantworten sollten.
Die „Sechser“ sind also nur dem Stifterwillen und ihrem eigenen Gewissen verpflichtet. Allerdings bestimmte Frau Margreth als zusätzliche Kontrolle, dass das Gremium der sechs Männer dem Rat der Stadt Neustadt oder dem zu Worms rechenschaftspflichtig sein sollte. Neben dieser „weltlichen“ Rechnungsprüfung steht also nur das „Jüngste Gericht“ als letzte Kontrolle. Inzwischen wurde die Rechnungsprüfung durch die Stadträte abgeschafft und die Sechser haben sich nur noch sich selbst und ihrem Gewissen gegenüber zu verantworten.
Mit der Bestimmung sechs Dürkheimer Männer, band Margreth Ostertag die Stiftung endgültig an den Heimatort ihres Mannes und schuf damit die Grundlage für die Jahrhunderte lange Beständigkeit ihrer Stiftung. Denn wesentliche Faktoren für die Dauerhaftigkeit einer Stiftung ist neben der Ehrenamtlichkeit und Unabhängigkeit der Verwalter, was in hohem Maße für die VOS zutrifft, auch die Bindung der Stiftung an Dürkheim und somit die Identifikation der Bürger mir „ihrer“ Stiftung. Dies alles war ausschlaggebend dafür, dass die VOS alle Geldentwertungen, Kriege oder Revolutionen überlebte. Das Vermögen der VOS war nicht wie bei der Fuggerei in Immobilien angelegt und wurde deshalb mehrfach komplett vernichtet.
Die „Sechser“ waren und sind noch heute völlig unabhängig. Sie allein bestimmen den Nachfolger eines verstorbenen oder ausgeschiedenen Mitglieds einstimmig und sind dabei niemand Rechenschaft schuldig. Bei der Auswahl eines neuen „Sechser“ zählt nur dessen Persönlichkeit im Sinne des festgelegten Stiftungswillens. Jedem Versuch, das Gremium parteipolitisch oder anhand anderer Kriterien zu besetzen, hat der Sechserrat in den letzten Jahrhunderten immer widerstanden, was sicherlich ein wesentlicher Erfolgsfaktor der VOS ist und bleiben wird.
Trotz der Festlegung im Testament, dass „jedes Mitglied des Sechserkollegiums jährlich am Valentinstag zur Belohnung einen halben Gulden erhält“, das einem heutigen Betrag von ca. 4.300 Euro entspricht, verrichten die „Sechser“ heute ihre Tätigkeit komplett ehrenamtlich ohne jedes Entgelt und garantieren so die Umsetzung des im Laufe der Jahrhunderte geltenden Stiftungszwecks.
Mitglieder des Sechser-Gremiums v.l.
Mitglieder des Sechser-Gremiums v.l.
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